Japanisches Tagebuch
Frieda Fischer


Broschur

91 Seiten
80 S/W-Abbildungen
Format 22 x 15,5 cm
ISBN 978-3-945058-53-4

15 €


"Es wurde uns immer klarer, daß ein eingehendes Studium der ostasiatischen Kunst nur möglich sei in ihrem Ursprungsland, im Umgang mit ihren Schöpfern und Trägern. Das Wesen der Ostasiaten wollten wir verstehen lernen, ihr Volkstum, ihre Sitten, Bräuche und Bedürfnisse. Was dem Ostasiaten seine Kunst sagt, wollten wir zu erfühlen trachten, seine Kunst wollten wir mit ihm erleben…"

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand als Folge der Weltausstellungen in Paris, Wien und London ein regelrechtes Weltreisefieber. Gerade Japan, das 250 Jahre lang für Besucher aus dem Ausland weitgehend abgeschlossen war, gewann eine ungeheure Popularität als Reiseziel für die Weltenbummler der europäischen und amerikanischen Oberschicht. Nicht nur Vergnügungsreisende, auch zahllose Kaufleute, Offiziere, Diplomaten, Wissenschaftler und Künstler besuchten das Land am anderen Ende der Welt. Die meisten dieser Japanreisenden verspürten ein Bedürfnis, ihre Eindrücke schriftlich festzuhalten und mit den Daheimgebliebenen zu teilen. So entstand eine Vielzahl meist chronologisch geführter Tagebücher, thematisch strukturierter Berichte und impressionistischer Skizzen. In ihren Schriften schufen die Reisenden, ganz im Geist des Exotismus, ein romantisches Bild des alten Japan, das dem entsprach, wie man es sich im Westen ausgemalt hatte. Oft neigten die Autoren dazu, Japan stereotyp als rückständig, primitiv oder exzentrisch darzustellen. Dadurch manifestierten sie eine Hierarchie der Kulturen, die den westlichen Standard als Maßstab setzte und andere Kulturen als rückständig abstempelte. Die Beschränkung auf die Beschreibung oberflächlicher Aspekte wie Geishas, Samurai oder exotisch erscheinender Tempel, ohne die tieferen sozialen, politischen und kulturellen Strukturen zu verstehen oder zu würdigen, führte zu einer Verzerrung der Realität und einem reduktionistischen Blick auf Japan.

Das Japanische Tagebuch von Frieda Fischer, die 1897 erstmals nach Japan reiste und danach fast zehn Jahre in Ostasien verbrachte, ist anders. Es hebt sich positiv von den Reiseberichten ab, die die westliche Dominanz legitimierten und dabei die Grundlage für rassistische oder ethnozentrische Vorurteile legten. Schon der Untertitel Lehr- und Wanderjahre dokumentiert, dass Fischer nicht von oben herab schaute auf das Land und die Menschen. Ihr tiefer Respekt vor der japanischen Kultur zeigt sich im gesamten Text. Die ostasiatische Kunst beschreibt sie als der europäischen ebenbürtig. Durch die Sammlung und Erklärung japanischer Kunst will sie dazu beitragen, die im Westen noch fremde und teils unverstandene Kultur bekannt zu machen und als Inspiration für die eigene Entwicklung zu nutzen. Frieda Fischer beschreibt in ihrem Tagebuch nicht nur die Objekte japanischen Kunstschaffens, sondern auch ihre Begegnungen mit Museumsdirektoren, Künstlern und Kunstsammlern. Hierbei bringt sie ihre hohe Wertschätzung zum Ausdruck und vermeidet jegliche Gefühle eurozentrischer Überlegenheit.