Raimund von Stillfried
Der Österreicher Raimund von Stillfried war ein Abenteurer. Durch seine Herkunft bedingt war er finanziell unabhängig. So begab er sich immer wieder auf die Suche nach neuen Erfahrungen. Dies äußerte sich in seiner ausgeprägten Reiselust und in seinem Drang, sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen. Im August 1871 eröffnete Stillfried ein Fotostudio in Yokohama. In der fotografischen Kunst noch unerfahren, suchte er Hilfe bei Felice Beato, der sich bereits seit 1863 als erfolgreicher Produzent und Händler von Souvenirfotografien in Japan etabliert hatte.
Die Herausforderung, ein eigenes erfolgreiches Geschäft aufzubauen, reichte Stillfried nicht aus, um seine Abenteuerlust zu befriedigen. Er wollte etwas schaffen, das noch nie zuvor einem Fotografen gelang. Als er davon erfuhr, dass der japanische Kaiser am Neujahrstag 1872 eine Fabrik in Yokosuka besuchen wird, beantragte er die Genehmigung, zu diesem Anlass Fotografien des Regenten anzufertigen. Wie alle vergleichbaren Anträge zuvor wurde auch dieser vom Kaiserhof abgelehnt. Stillfried ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und beschloss, heimlich Fotografien von einem Schiff aus anzufertigen. Nachdem ihm dies tatsächlich gelang, begann er unverzüglich, Abzüge der Kaiserfotografien zu vertreiben. Kaum hatten die Behörden davon Wind bekommen, stoppen sie Stillfried und konfiszierten das Negativ, nicht wissend, dass dieser ein zweites besaß. Schließlich entwickelte sich aus dem Vorfall eine handfeste diplomatische Affäre, bei der Stillfried seine drohende Ausweisung gerade noch mit anwaltlicher Hilfe vermeiden konnte. Er verzichtete schließlich schweren Herzens darauf, seine Kaiserfotografien zu vertreiben. Lange galt diese fotografiehistorisch so bedeutende Schöpfung als verschollen, bevor im Jahr 2000 ein Abzug bei einer Londoner Auktion auftauchte.